Es war eine einfache Aufwärmübung, die dafür sorgte, dass Niklas Neuhäusel seit Monaten an keinem Turnwettkampf mehr teilnehmen konnte. „Ein Rückwärtssalto ist für einen Turner fast wie Gehen“, so der 20-Jährige. „Da denkt man eigentlich nicht groß drüber nach.“ Auch deshalb sei die Verletzung, die er sich zuzog, als er bei der Landung mit beiden Füßen umknickte, ein großer Schock gewesen. „Lange hat mich die Verletzung aber nicht aus der Halle fernhalten können“, erklärt Neuhäusel, der nur einen Tag nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde zu Hause wieder anfing, zu trainieren. „Ich hatte schnell Lust, wieder zu turnen.“
Acht Wochen lang durfte Neuhäusel seine Füße, die einen Bruch am rechten Sprungknochen sowie zwei Außenbandrisse erlitten hatten, nur wenig bis gar keiner Belastung aussetzen. Bei allem sportlichen Kampfgeist, war diese Phase für den Turner auch eine psychische Belastung. „Ich konnte ja nicht einmal raus und eine Runde laufen gehen“, berichtet er. „Da hat mir auch die Tagesstruktur sehr gefehlt“. Hinzu kam, dass er nicht nur die Turnsaison sondern auch den wichtigen Kadertest und das Trainingslager verpasste.
Zu Beginn seiner Ausfallzeit habe er sich daher verstärkt auf sein Studium konzentriert. „Es hat mir gutgetan, mich in etwas reinhängen zu können und etwas zu tun zu haben.“ Dennoch war der Rückkehr in die Turnhalle das oberste Ziel des Turners, der auch in der Zeit, in der er seine Füße nicht belasten durfte, schon mit der Physiotherapie begann und seinen Oberkörper mit Krafttraining fit hielt. „Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht, sich wieder reinzuackern und fit zu bleiben. Und sobald es ging, bin ich auch wieder nach Frankfurt gefahren und war froh, sechs Wochen nach meiner Verletzung wieder regelmäßig in die Halle und an die Geräte gehen zu können.“
Erstklassiger Zusammenhalt
Neben seinen Eltern waren es auch seine Teamkollegen, die Neuhäusel in seiner Verletzungspause unterstützten und bestärkten. „Die Jungs waren super“, berichtet er. „Die haben mich für die Wettkämpfe von zu Hause abgeholt und überall hingebracht und auch allgemein sehr supportet.“ Gerade das mache die Turnmannschaft bei der Eintracht auch aus. „Wir mögen zwar nicht die besten Turner der 1. Bundesliga gewesen sein, aber unser Teamgeist und unser Zusammenhalt waren auf jeden Fall erstklassig.“ Dennoch sei es schwierig gewesen, seine Mannschaftskollegen während der Saison sportlich nicht unterstützen zu können. „Wenn ein paar Sachen anders gelaufen wären, hätten wir es vielleicht doch geschafft, die Klasse zu halten. Wenn man dann noch nur nebendran sitzen kann und teilweise nicht einmal laufen darf, ist das schon sehr schade.“ Umso mehr freue er sich aber darauf, in der zweiten Liga wieder mit seiner Mannschaft anzugreifen.
Bis dahin wartet aber noch einiges an Arbeit auf das Turntalent. „Es dauert noch seine Zeit, bis alles komplett so ist, wie vor dem Unfall“, erklärt der Student. „Nach acht Wochen ohne Belastung war besonders die Kraft in den Beinen weg. Selbst alltägliche Dinge wie Gehen oder Joggen müssen wieder erlernt werden. Deshalb muss ich auch für meine Stabilität aktuell so viel Krafttraining machen.“ Er ergänzt: „Im Training geht aber auf dem Trampolin und der Akkrobatikbahn schon wieder relativ viel.“ Wichtig sei, die Füße nicht zu schnell zu stark zu belasten und im Aufbautraining nichts zu überstürzen. Doch auch der lange Weg zurück an die Geräte scheint die Motivation von Niklas Neuhäusel nicht trüben zu können. „Ich seh einfach, wie es von Woche zu Woche besser wird.“ Er ergänzt: „Ich habe auf jeden Fall Ziele und kann meine Zeit in der Halle sinnvoll nutzen.“
Ich hatte einige Rückschläge zu verkraften, aber wenn man immer wieder sieht, wie man sich zurückkämpft, merkt man irgendwann auch, wie viel einem an der Sportart und an den Leuten, die damit verbunden sind, liegt.
Niklas Neuhäusel
Die lange Verletzungspause habe ihm, so erklärt Neuhäusel, der auch im vergangenen Jahr immer wieder mit Verletzungspech zu kämpfen hatte, einen neuen Antrieb verschafft: „Man reflektiert, was man die Jahre über geleistet hat. Ich habe dadurch nochmal gemerkt, dass Turnen genau das ist, was mir Spaß macht. So schnell zu merken, dass ich wieder in die Halle will, hat mich darin bestärkt, Vollgas zu geben.“. Er fügt an: „Ich hatte einige Rückschläge zu verkraften, aber wenn man immer wieder sieht, wie man sich zurückkämpft, merkt man irgendwann auch, wie viel einem an der Sportart und an den Leuten, die damit verbunden sind, liegt.“
Bis der 20-Jährige wieder an Wettkämpfen teilnehmen kann, wird es aber noch eine Zeit dauern. Aktuell plant er, sein Comeback Anfang April beim Rheintal-Cup im schweizerischen Widnau zu geben. „Es wird sich zeigen, ob ich bis dahin wieder bereit bin. Der Wettkampf wäre dann genau sechs Monate nach meiner Verletzung.“ Mit den hessischen Meisterschaften im Mai und den Deutschen Meisterschaften im Juni hat sich der Eintracht-Turner zudem zwei weitere große Ziele für das erste Halbjahr gesetzt, bevor er in der zweiten Jahreshälfte gemeinsam mit seinen Mannschaftkollegen den direkten Wiederaufstieg anstrebt.