zaehlpixelzaehlpixel
23.12.2020

„Ein Hauch Routine“

Das aktuelle Aussetzen des gemeinsamen Trainings betrifft auch das Ballett im Oeder Weg. Ballettlehrerin Irene Weiss führt ihre Kurse daher online durch.

Der Donnerstag ist ihr Tag im Ballettsaal am Oeder Weg. Seit mehr als 30 Jahren ist die 73-jährige Irene Emöke Weiss Ballettlehrerin in der Turnabteilung von Eintracht Frankfurt und unterrichtet Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene. Vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen – wer in den letzten 30 Jahren bei der Eintracht die Ballettschuhe schnürte, kam an einem Kurs bei der Tanzpädagogin fast nicht vorbei. Auch jetzt, da jeglicher Vereinssport mit mehr als zwei Personen auf Eis liegt, bleibt diese Regelmäßigkeit bestehen.

Ballettunterricht im heimischen Zimmer

Denn kommt Frau Weiss in der aktuellen Zeit am Oeder Weg an, warten im Ballettsaal keine Schülerinnen und Schüler auf sie, sondern ein großer Technikaufbau, der mit professionellen Produktionen mithalten kann: Ein großes Eintracht-Banner im Hintergrund, ausreichend Beleuchtung, eine Leinwand und noch viele weitere Bestandteile der Technik für ihre Online-Kurse. „Ich bin froh, dass wir die Möglichkeit haben, auch in dieser Zeit, in der wir erneut ohne gemeinsames Training im Saal auskommen müssen, weiter wöchentlich miteinander arbeiten können“, so Frau weiß, die schmunzelnd ergänzt: „Zum Glück habe ich hier am Oeder Weg helfende Hände, die mich bei der Technik unterstützen können.“ Mit der Technik in bester Hand kann Frau Weiss sich voll und ganz auf ihren Unterricht konzentrieren.

So neu die Situation für alle auch ist, so schnell machen sich die Automatismen von Trainerin und Schülern bemerkbar. Die Abläufe sind allesamt in den lokalen Ballettstunden eingeübte Routinen, sodass alle nach der Ansage der Übungsleiterin direkt wissen, welche Bewegungen gefragt sind. Ob Rond de jambe par terre oder Grand battement jeté – „Die Übungen sind allen bekannt und ich sehe Woche für Woche, dass sie noch sitzen“, erzählt Frau Weiss erfreut und ergänzt: „Für uns alle geht es vordergründig um die gemeinsame Zeit, um einen Hauch Routine und darum, nicht aus der Übung zu kommen.“

Das Beste aus der Situation machen

Dass in den aktuellen Zeiten am Online-Angebot teilgenommen wird, ist nicht selbstverständlich. Doch Frau Weiss kann auf ihre treuen Schülerinnen und Schüler zählen, die sie auf der großen Leinwand so genau beobachtet, wie in den normalen Übungsstunden. Dem scharfen Blick entgeht keine noch so kleine Nachlässigkeit, auch wenn zurzeit einmal ein Auge zugedrückt wird. „Wir alle müssen aktuell improvisieren. Der Bürostuhl wird zur Ballettstange, der Platz ist enger als er es hier vor Ort wäre“, erzählt Frau Weiss. „Jeder gibt der Situation entsprechend sein Bestes und nutzt die gemeinsame Stunde, um für einen Moment lang ein wenig Normalität wiederzuerlangen.“

Das merkt man den Teilnehmern schnell an. Sobald der Kurs begonnen hat, sind alle mit Herz dabei, können vom Alltag abschalten und machen schon beim ersten Takt den Anschein, dass sie, zumindest gedanklich, gemeinsam im Ballettsaal stehen und die Abläufe Schritt für Schritt durchführen. Bis sie dies auch wieder im Oeder Weg machen können, dauert es nach aktuellem Stand noch einige Wochen. Bis dahin bleibt ihnen der Online-Unterricht bei Frau Weiss, die sich sehnlichst darauf freut, jeden wieder in Persona bei sich im Saal begrüßen zu dürfen.