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26.12.2020

​​​​​​​Der Gold-Junge

Bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2020 in Schwäbisch Gmünd holte Jukka Nissinen fünf Goldmedaillen. Das Ziel, Profiturner zu werden, verfolgt der Eintrachtler schon lange.

Es ist absolut ruhig in der Halle. Zuschauer sind nicht erlaubt, noch nicht einmal die Eltern. Die Corona-Pandemie macht auch vor den Deutschen Jugendmeisterschaften im Turnen keine Ausnahme. Die anderen Turner sind leise und mit dem Blick bei Jukka Ole Nissinen. Er schaut noch einmal auf das (Pauschen-)Pferd, geht im Kopf die Übung durch und legt los.

Jukka Ole Nissinen ist 14 Jahre jung und in der Turnabteilung der Eintracht zu Hause. Diese Sportart wurde ihm quasi in die Wiege gelegt. Mutter und Vater kommen beide aus dem Turnsport. Seine Mutter Dr. Petra Nissinen ist ehemalige Trainerin und heute für den Olympiastützpunkt Hessen in der Trainingswissenschaft tätig. Sein Vater Mauno Nissinen ist ein ehemaliger finnischer Turner, der 1968 und 1972 sogar an den Olympischen Sommerspielen teilnahm und auch schon mit Ex-Turner Fabian Hambüchen als Biomechaniker zusammengearbeitet hat. Im Hause Nissinen dreht sich also alles ums Thema Turnen. Somit verwundert es auch nicht, dass Jukka mit sechs Jahren schon am Reck hing. „Meine Eltern haben mich nach Frankfurt gefahren und ich habe angefangen.“ An seine Anfänge in der Halle und seine ehemalige Trainerin denkt er heute noch. „Zsuza Abraham hat mir die Basics beigebracht und mir eine super Ausbildung mit auf den Weg gegeben“, erinnert sich der Jungadler. Er ist froh und stolz, für Eintracht Frankfurt zu turnen, und freut sich über die Unterstützung, die er bei den Wettkämpfen bekommt. Triathlon, so wie es sein älterer Bruder macht, kam für Jukka nicht in Frage: „Alles was mit Ausdauersport zu tun hat, ist nichts für mich“, sagt er lachend.

Titelsammler von klein auf

Mit dem Adler auf der Brust kann er schnell erste Erfolge feiern und wird mit zehn Jahren zu seinem ersten Kaderlehrgang eingeladen. Seitdem trifft er sich mehrmals im Jahr mit den besten Turnern seiner Altersklasse in Kienbaum und lernt neue Elemente. Das heißt für ihn, eine Woche lang jeden Tag zwei Einheiten in der Halle und somit sechs Stunden Turnen am Tag. Und das harte Training macht sich bezahlt: 2018 wird er Jugendmeister in der jüngsten Altersklasse bei den Zwölfjährigen, 2019 wird er Sieger am Reck und Dritter im Mehrkampf (in der AK 13/14) und dieses Jahr dann, der wohl größte Erfolg seiner noch jungen Karriere. Fünf Goldmedaillen! Im Mehrkampf, am Boden, dem Pauschenpferd, den Ringen sowie am Barren ließ er der Konkurrenz keine Chance und sicherte sich die Goldmedaillen in seiner Altersklasse.

Wenn er nicht gerade auf Lehrgängen ist, trainiert er im heimischen Frankfurt. Und das sechs Mal die Woche. Während dem ersten Shutdown im Frühjahr wurden die Hallen geschlossen und Jukka musste zu Hause weitertrainieren. „Ich bin eigentlich sehr gut mit der Situation zurechtgekommen und hatte zu Hause sehr gute Bedingungen.“ Im Garten wurden Trampolin und Barren aufgebaut und aus der Halle hat er sich ein kleines Mini-Pferd mitgenommen. „Ich habe dann für jede Woche einen Plan bekommen, mit dem ich trainiert habe. Es hat zu Hause zwar Spaß gemacht, aber ich bin froh, jetzt wieder in die Halle zu dürfen“, ergänzt Jukka. In die Halle darf er auch nur, weil er Kaderathlet ist und ein ausführliches Hygienekonzept erarbeitet wurde, welches den Spitzenturnern ermöglicht, weitertrainieren zu können.

Neben Turnen steht natürlich auch die Schule in dem vollen Terminkalender des Adlerträgers. Er besucht aktuell die neunte Klasse und zu seinen Lieblingsfächern zählen Englisch und Physik.  Letzteres kann er sich sogar vorstellen zu studieren, neben dem Sport selbstverständlich, denn „Turnen ist ganz klar Nummer eins“ für Jukka.

Struktur, Disziplin und Spaß

Schule und Turnwettkämpfe unter einen Hut bekommen, wie geht das eigentlich? Für Jukka kein Problem. Wenn er zu Wettkämpfen reist oder zu einem Lehrgang eingeladen wird, bekommt er eine Entschuldigung, die von der Schule genehmigt wird. Seine Freunde schicken ihm dann die Hausaufgaben zu, sagen ihm, was in der Schule durchgearbeitet wurde und Jukka holt den Unterrichtsstoff nach. Seine Freunde unterstützen ihn so gut es geht und „finden es alle ganz cool, dass Jukka so gut turnt“.

Das Turnen bedeutet dem Jungspund enorm viel. Er liebt die Abwechslung und Vielfalt in dem Sport und strebt eine Karriere im Profibereich an. Nicht nur die körperliche Betätigung macht das Turnen für ihn so interessant, auch die Ablenkung vom Alltag ist ein wichtiger Bestandteil für ihn: „Man bekommt den Kopf frei und vergisst andere Probleme.“ Seine Vorbilder sind zum einen natürlich sein Vater, aber auch der niederländische Olympiasieger Ebke Zonderland. Jukka bewundert den Mann mit dem Spitznamen „The Flying Dutchman“ dafür, dass er einerseits so erfolgreich im Sport ist, aber nebenbei auch noch sein Medizinstudium abgeschlossen hat.

Das Wochenende in Schwäbisch Gmünd wird der Junge mit den finnischen Wurzeln so schnell auf jeden Fall nicht mehr vergessen. Es zeigt, dass er auf dem richtigen Weg ist, und gibt ihm Kraft, weiter so hart zu trainieren. Turnen ist Jukkas Leidenschaft und neben dem anstrengenden Training und den vielen Stunden in der Halle, macht es ihm vor allen Dingen Spaß – und das ist das Wichtigste.